Masochismus

Begriff

Die Bezeichnung Masochismus umfasst alle passiven Einstellungen zum Sexualleben und Sexualobjekt, als deren äußerste die Bindung an das Erleben von physischem oder seelischem Schmerz von Seiten des Sexualobjekts erscheint. Beim Masochismus als Perversion sind eigenes Erleiden und Erniedrigung nicht Teilerlebnisse des Geschlechtsaktes, sondern das eigentliche Sexualziel. In diesem Sinne hat der Wiener Psychiater Richard Krafft-Ebing (geb. 1840, gest. 1902) den Begriff Masochismus geprägt und sich dabei auf den Schriftsteller Leopold von Sacher-Masoch (geb. 1835, gest. 1895) bezogen, dessen erotische Romane (z.B. "Venus im Pelz") die Schmerzlust schildern.

Die Entwicklung von Freuds Masochismusbegriff

Freud vertrat zuerst die Auffassung, es gebe nur einen durch Umkehrung des Sadismus entstandenen sekundären Masochismus. Mit der Aufnahme des Todestriebs in seine Theorie sah er sich veranlasst, auch einen primären Masochismus als eine Facette des Todestriebs anzuerkennen. Andeutungen in dieser Richtung äußerte er bereits in seiner Arbeit "Jenseits des Lustprinzips" (1920). Ab da scheint ihn der Masochismus mehr beschäftigt zu haben als der Sadismus. Er verfasste 1924 eine eigene Schrift unter dem Titel "Das ökonomische Prinzip des Masochismus". Dort unterscheidet er drei Formen des Masochismus: den erogenen, den femininen und den moralischen.

Der erogene Masochismus ist wie der Sadismus eine einleitende oder begleitende Komponente des Geschlechtsverkehrs. Freud hält ihn für biologisch und konstitutionell fundiert und daher für primär. Aggressive und erotische Komponenten verbinden sich in ihm.

Die zweite Form des Masochismus weist durch das Adjektiv "feminin" auf eine Eigenart der Frau. Ihr wird eine passive Sexualität unterstellt, was dem Bild der Frau in der patriarchalischen Kultur entsprochen haben mag.

Den moralischen Masochismus entdeckte Freud wie die meisten seiner Thesen im Sprechzimmer. Es fielen ihm Personen auf, die durch ihr Benehmen - in der Kur und im Leben - den Eindruck erweckten, als seien sie übermäßig moralisch gehemmt, ständen unter der Herrschaft eines besonders empfindlichen Gewissens, obwohl ihnen von solcher Übermoral nichts bewusst war. Diese Übermoral schreibt er dem gesteigerten Sadismus des Überich zu, dem das Ich sich unterwirft. Von der Moral bzw. der Übermoral unterscheidet Freud nun ausdrücklich den moralischen Masochismus. Dieser hat im Ich seinen Sitz und bekundet sich in einem aus Schuldgefühlen hervorgehenden Strafbedürfnis. Während der Sadismus des Überich meist grell bewusst werde, bleibe das masochistische Streben in der Regel der Person verborgen und müsse aus ihrem Verhalten erschlossen werden.
CN