Marquis de Sade

Sade, Donatien

Sade, Donatien-Alphonse-François, Marquis de (geb. 2.6. 1740 in Paris, gest. 2.12. 1814 in Charenton bei Paris), französischer Schriftsteller, dessen sexuelle Perversionen, die er u.a. in seiner erotischen Literatur schilderte, den Begriff Sadismus prägten.
De Sade stammte aus einer alten, provenzalischen Adelsfamilie, deren Ahnen schon von Petrarca literarisch verewigt wurden. Er war überdies mit der Königsfamilie der Condé verwandt. Nachdem er von seinem Onkel ausgebildet worden war, studierte er am Lycée Louis-le-Grande in Paris. Durch seine Herkunft begünstigt, begann er 1754 die Militärlaufbahn, die er aber 1763 wieder aufgab. Im selben Jahr heiratete er eine bürgerliche Frau aus angesehenem Hause, mit der er zwei Söhne und eine Tochter hatte.

Bereits kurz nach seiner Heirat begann er eine Affäre mit einer Schauspielerin. Er ließ sich Prostituierte auf sein Landhaus kommen, die er zu abwegigen Sexspielen missbrauchte. Auf die Anklage dieser Frauen hin wurde er für einige Wochen in Vincennes inhaftiert. Nach seiner Freilassung setzte er den einmal begonnenen Lebenswandel jedoch fort und geriet in tiefe Verschuldung. 1768 wurde er erneut wegen sexuellen Missbrauchs nahe Lyon eingesperrt.

Im Juni 1772 ging er mit seinem Leibdiener nach Marseille, wo er kurze Zeit darauf, nachdem einige Prostituierte sich an seinen Aphrodisiaka vergiftet hatten, erneut gesucht wurde. Er floh nach Sardinien, wurde jedoch dort gefasst. Das Parlament in Aix-en-Provence hatte ihn inzwischen zum Tode verurteilt und am 12.9.1772 in effigie hingerichtet. Nachdem er aus Sizilien entkommen war, flüchtete er sich auf sein Schloss, wo er, nunmehr zusammen mit seiner Frau, seine sexuellen Spiele fortsetzte. Nachdem umliegende Bewohner ihn verklagt hatten, floh de Sade erneut, dieses Mal mit einer Geliebten nach Italien zu seiner Schwägerin, die ebenfalls seine Mätresse wurde. Am 4.11.1776 kehrte er nach Hause zurück und wurde am 13.2.1777 verhaftet, als er sich in Paris sehen ließ. Man warf ihn erneut in den Kerker von Vincennes. Seine Frau war mittlerweile einem Kloster beigetreten.

Während seiner langen Kerkerhaft entstanden die meisten seiner literarischen Werke. Am 27.2.1784 wurde er in die Bastille überführt, wo er "Die 120 Tage von Sodom" schrieb, eine strukturell am "Decamerone" Boccaccios angelehnte erotische Erzählung, die die Gesamtheit seiner perversen Ausschweifungen widerspiegelte. Hier entsand 1787 auch eine frühe Version seines bekanntesten Werks, "Justine".

Geschickt hatte er wenige Tage vor der Französischen Revolution und dem Sturm auf die Bastille auf sich aufmerksam gemacht. Zwar wurde er danach zunächst bis zum 2.4. 1790 in einer Anstalt für Geistesgestörte eingesperrt. Doch schon kurze Zeit später wurden einige seiner Bühnenstücke von der Comédie-Française aufgeführt. De Sade, der mittlerweile mit einer jungen Schauspielerin zusammenlebte, vollendete die Romane "Justine" und "Juliette". Gleichzeitig trat er für die revolutionäre Sache ein und konnte so das Leben seiner Schwiegereltern retten, obwohl diese für viele seiner Inhaftierungen verantwortlich gewesen waren.

De Sade verarmte zusehends und konnte trotz seines Engagements in den Wirren der ersten Revolutionsjahre selbst nur knapp der Guillotine entgehen. Wegen einiger seiner Schriften wurde er am 6.3.1801 erneut verhaftet und zurück nach Charenton geschickt, wo er zwar mit den anderen Insassen seine Theaterstücke aufführen konnte, jedoch auf persönliche Veranlassung Napoleons nicht mehr auf freien Fuß gelassen wurde.

De Sades Werk war über 150 Jahre ein Tabuthema und er galt vielen als die Inkarnation des Bösen. Heute wird er differenzierter bewertet. Der psychologisch-aufklärerische Charakter seiner Schriften wird hervorgehoben, seine literarische Bedeutung gewürdigt. Der Autor, der im Briefwechsel mit den geistigen Größen seiner Zeit wie etwa Rousseau stand, schrieb neben seinen erotischen Werken historische Romane und philosophische Traktate, in denen er, ganz im Gegensatz zum Geist der Aufklärung, die Natur des Menschen als von Grund auf verdorben beschreibt. Selbst stark von der Schauerromantik Ann Radcliffes beeinflusst, reicht de Sades Wirkung über die Gothic Novel, die Werke Baudelaires bis hin zum Surrealismus.
DK