Der ideale Dom: Jung, fehlerlos, allwissend und erfahren?

Lasst mich Euch ein Geheimnis verraten: Subs haben es viel leichter als Doms. Nicht nur, dass sie es sich auf der passiven Seite gemütlich machen, tatenlos herumliegen oder -stehen und den Dom dominieren lassen können. Von ihnen wird außerdem nichts weiter verlangt als Unterwerfung, Hingabe und Mund halten. Und das von Anfang an.

Der unerfahrene Sub stellt sich vor seinem ersten realen Treffen die bange Frage: Was soll ich machen? Was erwartet dieser Mensch von mir, dem ich mich da ausliefere? Die beruhigende Antwort ist meist: Nichts. Lass mich nur machen. Lass dich fallen und genieße. Und das ist ja nicht weiter schwierig. Raus aus den Klamotten, auf die Knie sinken, Hände zum Fesseln ausstrecken und das Spiel nimmt seinen Lauf. Prima.

Für den unerfahrenen Dom sieht die Sachlage ganz anders aus: Von ihm wird nicht nur vorausgesetzt, dass er das nötige Material zur Verfügung stellt - ohne Seil, Gerte, Peitsche braucht er gar nicht erst einen Sub erscheinen zu lassen, und je mehr er davon vorweisen kann, um so besser und um so beeindruckender. All das kann er, je nach Geldbörse, käuflich erwerben. Dafür muss er sich nicht einmal in einen Fetischladen begeben - das Internet bietet all die schönen Sachen an, und nachdem Dom herausgefunden hat, aus welchen Dingen das grundlegende Equipment besteht, kann er sich eine Auswahl dieser Sachen zulegen und sich auf die Suche nach einem willigen Sub begeben. Stellt er sich nicht allzu dämlich an, wird sich dieser bald finden lassen. Doch dann stellt Sub die verhängnisvolle Frage - "Wie viel Erfahrung hast du denn?" Und die Antwort auf diese Frage fällt eher weniger eindrucksvoll aus als das vorhandene Spielzeug.


Unerfahrene Doms mögen verzweifeln an der Tatsache, dass Subs einen erfahrenen Dom bevorzugen, nicht nur für allererste Erfahrungen, sondern überhaupt. Sie fragen sich, wie sie denn Erfahrungen sammeln sollen, wenn man sie nicht lernen lässt. Schließlich brauchen sie die Übung am lebenden Objekt - auf die Dauer bringt es wenig, immer nur Sofakissen zu verhauen oder Knoten zu binden, aus denen sich niemand befreien will. Wieso gibt Sub an sich dem Dom-Azubi nicht die Chance, sein theoretisches Wissen in die Praxis umzusetzen und - im wahrsten Sinne des Wortes - seinen Meister zu machen?

Lieber Dom, stell dir einmal vor, du bist siebzehneinhalb und möchtest Auto fahren lernen. Von wem lässt du dir das Fahren beibringen? Von Papa oder Mama, die schon zwanzig, dreißig Jahre den Führerschein haben, oder von deinem Freund oder deiner Freundin, die kaum selbst wissen, wo das Gaspedal zu finden ist? Und wenn du schon Jahre lang selbst fahren kannst - fährst du gern mit jemandem mit, der gerade erst den Führerschein gemacht hat und Schweißausbrüche bekommt, kaum dass er aus der Garage fährt?

Gut, der Vergleich hinkt. Aus einem einfachen Grund: Der Dom ist immer der Aktive. Du sitzt immer am Steuer, egal, wie erfahren du bist, und dein Beifahrer, dein Sub, ist dir ausgeliefert. Er kann nicht an der Ampel aussteigen, weil er keinen Gurt trägt, sondern Fesseln. Und wenn du das Auto vor die Wand fährst, ist er derjenige, der die Verletzungen davon trägt, nicht du. Zumindest nicht in diesem Ausmaß.

Hinzu kommt noch, dass Sub, anders als ein Fahrlehrer, keine Anweisungen geben möchte. Er möchte, dass man ihn dorthin bringt, wohin er möchte - oder dorthin, wohin der Fahrer ihn zu bringen beliebt. Er möchte weder die Straße im Auge behalten noch die Geschwindigkeit kontrollieren müssen. Er will sich darauf verlassen können, dass du das Auto - dich, das Spiel und das Spielzeug - im Griff hast und damit umgehen kannst. Dass du so schnell fährst, wie Ihr beide es vertragen könnt, und dass du abbremst, wenn es gefährlich wird. Ohne die nötige "Fahrpraxis" kannst du das nicht. Bloß - Autofahren kannst du allein üben. SM leider nicht.


Dir bleibt nichts weiter übrig, als dir einen Sub zu suchen, der sich dir trotzdem anvertraut. Und dafür musst du ehrlich sein. Es bringt nichts, weder dir noch Sub, wenn du so tust, als wüsstest und könntest du alles. Einen unerfahrenen Sub kannst du mit so einer Einstellung schädigen; ein erfahrener Sub durchschaut dich schnell. Vertrauen erwirbst du gerade, wenn du mit Vorsicht an deine ersten Erfahrungen gehst: Mach ein Safewort aus. Vergewissere dich, wie weit Sub gehen möchte, wie seine Reaktionen auszulegen sind, was er auf keinen Fall erleben will. Versichere dich lieber einmal zu viel als einmal zu wenig, dass es deinem Sub gut geht. Achte genau auf die Reaktionen deines Sub. Probiere Spielzeug mit ihm außerhalb des Spiels aus, damit du lernst, welche Wirkung es hat und Sub sich äußern kann, ohne in seiner Konzentration gestört zu werden. Lass dir erklären, was Sub wann empfindet und warum. Und:
Gib deine Schwächen zu. Was immer du gehört haben magst: Doms sind nicht allwissend und fehlerlos. Nicht einmal nach dreißig Jahren Erfahrung.

liebe2