Knie nieder, Sklave! Die Macht der Worte
Manch einer wundert sich bestimmt, wieso in den Nachtstunden auf allen Fernsehkanälen diese unsägliche Werbung à la "0190 - reife Hausfrauen ohne finanzielle Interessen erwarten Deinen Anruf" läuft. Wie können die Anbieter die Werbung bloß finanzieren? Vermutlich weil es sich rentiert. Weil sich genug Leute finden, die tatsächlich dort anrufen und sich schmutzige Worte ins Ohr flüstern lassen.
Nun mag man sich fragen, was haben diese Leute davon? Wieso gehen die nicht einfach ins Bordell und treiben es da mit einer Dame aus Fleisch und Blut? Wahrscheinlich reicht ihnen der Dirty Talk schon. Es macht sie an, zu hören zu bekommen, was die Dame (oder der Herr) am anderen Ende der Leitung angeblich gerade macht und gern mit ihnen tun würde, und sie lassen sich liebend gern beleidigen, demütigen und befehligen.
Nanu? Sollte das auf den einen oder anderen von uns auch zutreffen?
Stell dir folgende Situation vor: Du sitzt mit deinem Dom nichtsahnend in einem Cafe, womöglich zusammen mit Freunden. Und wenn gerade mal niemand auf euch achtet, beugt er sich vor und flüstert dir ins Ohr: "Heute Abend bekommst du Schläge", dazu ein ebenso kühler wie vielversprechender Blick. Oder hast du es gewagt und ihm nicht schnell genug den Zucker gereicht? Dann reicht schon ein einfaches "Zehn", und du weißt, dafür setzt es später zehn Schläge mit dem Rohrstock.
Oder er eröffnet dir vor der Session ausführlich, was er mit dir zu tun gedenkt, und er kündigt dir an, dass das noch lange nicht alles ist. Er lässt dich die Gerätschaften herbei schleppen, die er brauchen wird, und liefert kalt lächelnd die passenden Kommentare dazu.
Während der Session reicht schon ein simples "Streck den Hintern raus!", sofern unser Dom sich nicht zu einem etwas ausführlicheren "Du willst nicht stillhalten? Gut, dann gibt es eben noch zehn dazu" herablässt oder uns ein "ja, das gefällt dir, du gieriges Stück" ins Ohr flüstert.
Und wollen wir, während wir regungslos stundenlang knien, völlig unbeachtet bleiben? Schöner ist es doch, wenn unser Dom uns hin und wieder daran erinnert, dass wir die Strafe verdient und uns all unsere Qualen selbst zuzuschreiben haben.
Woran liegt es, dass uns solche Worte Schauer über den Rücken treiben? Zum einen sicher Vorfreude - wie die leckeren Gerüche aus der Küche, wenn man zum Essen kommt, nur dass uns in diesem Fall das Wasser nicht unbedingt im Mund zusammenläuft. Zum anderen Angst - Angst vor dem Kommenden, das man schon kennt und dem, was noch passieren könnte. Man weiß, dass es wehtun wird, dass man erniedrigt werden wird, und man sollte sich gefälligst fürchten - und das tun wir ja auch, nur dass die Furcht sich mit Erregung paart.
Und außerdem - wozu sind wir Subs, wenn wir unserem Dom nicht die Macht geben, über uns zu befehligen, uns schlecht zu behandeln, wenn ihm danach ist? Der Sub an sich ist der rechtlose Sklave seines Herrn, der es nicht besser verdient hat - und der Sub genießt es. Er möchte unsinnige Befehle hören, die er nicht ausführen kann, weil es ihm gefällt, für das Nichtbefolgen bestraft zu werden, er möchte "nein" sagen, weil er weiß, dass niemand darauf hört - so liegt alles, was mit ihm geschieht, außerhalb seinen Einflusses.
Es ist die Kommunikation, auf die es ankommt, selbst wenn sie auf diese Weise stattfindet. Sub genießt die kleinen Gemeinheiten, die Dom ihm zuflüstert, und Dom genießt die Angst, die Furcht, die Vorfreude, die er bei Sub damit auslöst. Sie schafft eine geistige Verbindung, die nicht möglich ist, wenn Dom nur schweigt.
Aber: Manche Subs mögen es nicht, wenn während der Session gesprochen wird. Es lenkt sie ab und stört sie bei der Konzentration, oder Sub fühlt sich durch die Ankündigungen unter Druck gesetzt. Ob Sub kleine Gemeinheiten während der Session hören möchte, findet er nur heraus, indem er nachfragt. Oder aber es liegt ihm selbst nicht und stört ihn bei der Konzentration - er hat genug damit zu tun, mit der Peitsche die richtige Stelle zu treffen, da kann er nicht auch noch mit Sub plaudern. Ihm sei gesagt, er verpasst etwas - zu hören, wie Sub unter dem Schmerz nach Worten ringt und stöhnend zugibt, wie sehr es ihm Freude bereitet, ihn zu einer Antwort zu zwingen und diese anschließend zu belohnen oder zu bestrafen.
Der Mensch hat fünf Sinne, und je mehr von ihnen beansprucht werden, um so intensiver kann er fühlen, was er macht oder was mit ihm gemacht wird. Worte können ebenso Waffen wie Streicheleinheiten sein - es kommt nur darauf an, wie man sie einsetzt.